Altpfadfinder 1914 – 1952

Pfadfindergeschichte von 1914 – 1934

1914

In Deutschland gibt es zu Beginn des 1. Weltkrieges schon 110.000 Pfadfinder, die allerdings wegen der unterschiedlichen Interpretationen des Inhalts der pfadfinderischen Erziehung in zahlreiche Gruppierungen zersplittert sind.

Nach dem Krieg gewinnt die Jugendbewegung an Bedeutung und beeinflusst die Inhalte der Pfadfinderbewegung: Einfaches Leben, Naturbewusstsein, Fahrt und Lager, eigenständiges Denken und Handeln: diese Prinzipien gewinnen an Stellenwert.

In Neckarsulm bildeten sich auch unabhängig von einander 4 – 5 Gruppen, die ihre Gruppenstunden in Wengertshäuschen abhielten. Leitfaden waren auch schon die Inhalte der Pfadfinderbewegung.

1922

Gründung der Weltpfadfinderbewegung.

1928

Erste katholische Pfadfindergruppen gründen sich in Wuppertal, Beuthe, München, Berlin, Frankfurt a. M. und Speyer.

1929

Am 7. Oktober schließen sich mehrer Stämme zur Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) zusammen. Aus 800 Mitgliedern wurden in den 30er Jahren 9000 Mitglieder. Die DPSG verbindet die Gedanken der Pfadfinderbewegung mit denen der katholischen Jugendbewegung und betont gleichzeitig Einfachheit und Gestaltungskraft. Außerdem bezieht die DPSG Erwachsene in die Arbeit ein und nimmt von Beginn an Mitglieder aus allen sozialen Schichten auf. Bei der Gründung in Altenberg war auch ein Neckarsulmer dabei, der damalige Jugendkaplan Schmidt.

Auf Grund seines Einflusses wurden die verschiedenen Gruppen zusammengeführt. Julius Fischer, Alois Dollmann, Heribert Ihle, Albert Klumpp, Hans Stirner, Konrad Oberhardt, Hans Fernau und Karl Müller bildeten die ersten Pfadfindergruppe in Neckarsulm.

Von dieser Gruppe gingen sehr viele Stammesgründungen aus. So traf man auf einem Wanderlager Jugendliche aus Feuerbach und Esslingen. Diese waren begeistert von der Pfadfinderei und so ging aus dieser Begegnung eine Stammesgründung in Esslingen hervor.

1930

Die DPSG formuliert ihr Pfadfindergesetz, das bis 1971 in dieser Form Gültigkeit hatte. Jugendkaplan Schmidt organisierte in St. Paulus einen Jugendtag. Hierzu lud er die Pfadfinder und die damalige Sturmschar dazu ein. Die Gruppe hatte sich erweitert: Josef Müller, Ferdinand Seidel, Theodor Hagner kamen hinzu.

1932

Josef Müller wurde Landesfeldmeister (heute Diözesanvorsitzender) und Jugendkaplan Schmidt Landeskurat.

Josef Müller berichtete, dass er tagelang mit dem Rad unterwegs war, um nach Bad Mergentheim, das oberste Eck im Landesverband, auf Besprechungen zu kommen.

Die Pfadfinder und die Sturmschar (40 Teilnehmer) fuhren unter der Leitung des Jugendkaplans zu einem 14-tägigen Zeltlager zum Stockbrunner Hof, ostwärts von Burg Hornberg. Da die Leiterausbildung noch spärlich war, wurde viel improvisiert. Aber Spiele, Wanderungen und Lagerarbeiten standen auf dem Programm.

Täglich marschierte man in Kluft und Banner zum morgendlichen Gottesdienst in die Burgkapelle auf den Hornberg. Die Neckarsulmer Pfadfinder fuhren die 130 km mit dem Fahrrad über Heilbronn, Stuttgart, Göppingen nach Geislingen. Karl Müller und Konrad Oberhardt machten als Nachzügler auf dem Kiliansplatz in Heilbronn ungewollt Werbung für die Pfadfinder: Karl stürzte auf den regennassen Straßenbahnschienen und das Gepäck verteilte sich auf der Straße, auf der am Samstag Nachmittag 15.00 Uhr reger Umtrieb war. Der Pfadfinderstamm Neckarsulm wird erstmal in der Pfadfinderzeitung „St. Georgspfadfinder 12/1932“ erwähnt.

 

1934

Der Nationalsozialismus verbietet das Tragen von Kluft, Banner und Abzeichen.

1936

Eine Pfadfindergruppe machte einen Pfingstausflug, fuhr trotz Verbot des Klufttragens oder anderer Pfadfinderabzeichen durch den Nationalsozialismus, nach Bühl. Es waren Seppl Ihle, Walter Hoffmeister, Julius Fischer und Anton Brand.

Die Gestapo löste im Land die Pfadfinderschaften auf und so musste man in Neckarsulm auch die Abzeichen abgeben. Josef Müller wird aufgefordert, stellvertretend für die Neckarsulmer Pfadfinder, seinen Pfadfinderhut, die Pfadfinderabzeichen, sowie die Fahne auf dem Rathaus abzugeben. Trotz aller Gefahren traf man sich in Denningers Gartenhäuschen. Die Gruppe wurde immer kleiner, da viele zum Militär mussten. Durch Verrat flog der Rest der Neckarsulmer Pfadfinder auf. Die Gruppe wurde aufgelöst.

1948

Nachdem der Krieg vorbei war, gründeten sich wieder viele Pfadfindergruppen in der Bundesrepublik. Neckarsulm wurde auch wieder von der Pfadfinderwelle erreicht und so trafen sich ein paar Neckarsulmer und gründeten erneut eine Pfadfindergruppe.

Pfadfindergeschichte nach dem Krieg

  • Im Sommer 1947 hat Paul Bissantz bei Stadtpfarrer Sandel seinen Wunsch zur Gründung eines Pfadfinderstammes vorgebracht und bekam auch die Zusage von ihm. Beim BDKJ (Bund deutscher kath. Jugend) in St. Paulus hat er Werbung für seine Pfadfinder gemacht und auch gleich Interesse geweckt und einige Jugendliche für seine Idee gefunden.
  • Am 30.12.1947 Gründung der St.-Georgs-Pfadfinder (DPSG) nach dem Krieg in Neckarsulm. Paul Bissantz und Alfons Saup waren die Männer der ersten Stunde. Zur Gründungsfeier auf dem Scheuerberg mit einer Fahne, die uns der Pfarrer aus Oedheim zu diesem Anlass geliehen hatte, kamen: Paul Bissantz, Alfons Saup, Fred Wolfert, Reiner Donant, Hans Rösner, Alfons und Alfred Heckmann, Walter Horch, Alwin Hohly, Alfons Deutschle, Klaus Heckmann, Walter Schmidt, Gerhard Vogler und Adolf Welker. Kaplan Groß als damaliger Jugendpfarrer gestaltete die Gründung mit.
  • Unsere Heimabende und Treffs wurden sehr vielseitig gestaltet. Paul Bissantz war schon in seiner frühen Jugendzeit in seiner Heimat Frankreich bei den Pfadfindern. Er brachte ein großes Wissen mit, das er uns mit starkem Engagement erläutert hat. Er war ein echter Pfadfinder. Die Abende in St. Paulus wurden mit Singen, Erzählungen über die Geschichte der Pfadfinder, das Lernen der Morsezeichen, Seile, Knoten binden und noch vieles mehr gestaltet. Bei den Abendwanderungen und Geländespielen wurde Morsen mit Flaggen oder Taschenlampen geübt, Zeltaufbau, Feuerstelen bauen, Fährten legen und verfolgen. Auch Mutproben waren zu bestehen. Man hat auch an gute Taten jeglicher Art gedacht und ausgeführt. Bass bei den Pfadfindern etwas los ist, hat sich in Neckarsulm schnell herumgesprochen.
  • Auf dem Marsch nach Bieringen

    1948 zum ersten großen Zeltlager wurden ein neues Lilienbanner angeschafft. Es ging nach Bieringen bei Schöntal. Wir sind mit Tornister Rucksack auf dem Rücken am ersten Tag bis nach Kochertürn marschiert und haben dort bei einem Bauer in der Scheune übernachtet. Am nächsten Morgen ging es weiter über Kochersteinsfeld nach Schöntal und Bieringen. Die Amerikaner haben uns zwei große Mannschaftszelte und auch einige Konserven für das Zeltlager gegeben, das war eine gute Sache in der damaligen Zeit. Ein kleines Sanitätszelt und Küchenzelt gab es auch. Fünf Arbeiter der Firma Kolben-Schmidt bauten das Lager unter der Leitung von Fred Wolfert auf. Ein LKW vom KS hat alles nach Bieringen gefahren. die Morgentoilette wurde am vorbei fließenden Erlenbach gemacht, was sehr erfischen war. Wir waren in Bieringen ca. 40 Mann. An einem Sonntag haben wir in der Kirche von Bieringen einen Gottesdienst mitgestaltet. Zum Mittagessen im Zeltlager war dann Dekan Zorn eingeladen. Er war erstaunt, was man im Zeltlager alles machen kann, es hat ihm sehr gut geschmeckt. Ein Fußballspiel gegen eine Bieringer Mannschaft wurde gewonnen. Das Zeltlager ist bis heue eine schöne Erinnerung geblieben.

  • 1949 gab es eine Einladung zum Gautreffen nach Markelsheim bei Bad Mergentheim, die dortigen Pfadfinder haben an der

    Neckarsulmer und Markelsheimer Pfadfinder

    Tauber ein Zeltlager aufgebaut. Der Jugendpfarrer, Pater Hermes-Berthold hat uns begrüßt. Wir waren eine kleine Gruppe, die mit den Fahrrädern über Dörzbach, Stebbach (Madonna), Bad Mergentheim nach Markelsheim gefahren sind. Beteiligt waren unter der Leitung von Fred Wolfert und Reiner Donant, Winfried Vogt, Alfons Deutschle, Alwin Hohly, Gerhard Vogler, Eberhard Zartmann, Rolf Spiegel, Adolf Welder, Karl Bauer, Günter Sonnenwald und Uwe Heckmann. Wir sind im Herbst 149 noch nach Lauffen a. N. zu einem Besuch der Christliche Pfadfinder im dortige Ev. Gemeindehaus gefahren. Es war eine Tagesfahrt.

  • Nach dem Krieg gab es in Deutschland drei Pfadfinderorganisationen:
    St.-Georgs-Pfadfinder (DPSG)
    Ev. Christliche Pfadfinder
    Freie Deutsche Pfadfinder
    Die Neckarsulmer Pfadfinder gehörten zur DPSG.
    Der Stamm wurde schnell größer und es mußten Sippen gebildet werden. Es gab Namen wie Adler, Sperber, Bussard usw.
    Zum Ende des Jahres 1949 war der Stamm unter der Führung von Paul Bissantz und Fred Wolpert zu einer guten Gemeinschaft gewachsen. Leider gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen Kaplan Groß, Josef Müller und Paul Bissantz, um was es ging wurde nie richtig bekannt. Paul Bissantz legte daraufhin die Stammesführung nieder, es war für uns alle eine große Überraschung. Wir haben uns in sehr großer Zahl für Paul Bissantz solidarisch gezeigt und ihn gebeten, Freie Deutsche Pfadfinder zu gründen. Er hat es aber nach einigen Überlegungen abgelehnt.
    Der Stamm hat sich dann bis auf einen kleinen Teil aufgelöst. Das Ende kam dann ca. ein Jahr später.
  • Das Banner hat Alfons Deutschle aufgehoben und später an die neuen Pfadfinder übergeben.

Dieser Rückblick wurde nach 50 Jahren im April 2002 von Fred Wolpert, Alfred Heckmann, Reiner Donant, Alfons Saup, Karl Bauer und Alwin Hohly erarbeitet und niedergeschrieben.

Redaktion: Alfred Kieser, Wolfgang Spohn

Gestaltung: Wolfgang Stirner

Quellen: Konrad Oberhard, Pfadfindergruppenmitglied vor 1945, Josef Müller, Alfred Wolpert, Alfred Heckmann, Reiner Donant, Alfons Saup, Karl Bauer, Alwin Hohly, Pfadfindermitglieder nach 1945, Bundesarchiv der DPSG, Stammeschronik Bad Mergentheim, Ausweis von H. Fernau